Vertreter des öffentlichen Lebens und der Vereine sowie alle interessierten Gemeindeglieder aus Kissenbrück, Groß- und Klein Biewende sind stets zum Epiphaniasempfang ins evangelische Gemeindehaus nach Kissenbrück eingeladen. Begonnen wurde mit einer Andacht in der Kirche mit Pfarrerin Melanie Schwerdtfeger.
Beim anschließenden Empfang im evangelischen Gemeindehaus begrüßte Kirchenvorstandsvorsitzende Elke Oberg rund 70 Besucher. Im Mittelpunkt des Abends stand die Wendezeit 1989/1990. Ihr besonderer Willkommensgruß galt daher Hans-Jürgen Brüser, der von 1984 bis 1991 Pfarrer im damaligen Pfarrverband Groß Biewende mit Klein Biewende, Kissenbrück und Neindorf war und davon erzählte, wie er diese Zeit im Pfarrhaus Groß Biewende erlebt hat.
Gekommen war auch Mechthild Böcher von St. Marien/Trinitatis. Sie stellte sich als Vorsitzende des neu gebildeten Pfarrverbandes im Gestaltungsraum Wolfenbüttel-Mitte-Süd vor, zu dem die Dreifaltigkeitsgemeinde Kissenbrück-Biewende gehört. Sie freut sich, dass diese Kirchengemeinden den Weg miteinander gehen werden. Als Geschenk brachte sie einen Foto-Kalender von der Trinitatiskirche mit, die in diesem Jahr ihr 300-jähriges Bestehen feiert.
Nach einem Imbiss hatte Pfarrer Brüser das Wort. Er hatte 1987 erstmals zu einem Epiphanias-empfang eingeladen. An dieser Tradition wird alljährlich weiterhin festgehalten. Brüser berichtete zunächst von seinem beruflichen Werdegang. Seine letzte Pfarrstelle war in Wieda/Südharz, wo er Pfingsten 2017 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Heute lebt er in Goslar.
„Vom Wohnzimmer im Groß Biewender Pfarrhaus aus sah ich jede Nacht die erleuchteten Lampen entlang der innerdeutschen Grenzen“, begann Brüser zu erzählen. Und es folgten immer wieder sehnsüchtige Blicke zum Brocken. Fast jeden Besuch führte er an die Grenze bei Mattierzoll. Es war an der Grenze eine melancholische und traurige Atmosphäre, an die man sich aber im Laufe der vielen Jahre gewöhnt hatte. Dann der November 1989. Auf allen Fernseh- und Radiosendern wurde vom Fall der Mauer berichtet. Am 12. November fuhr er gleich nach dem Gottesdienst nach Mattierzoll, wo ihm die Trabbis entgegen kamen und er seine Tränen nicht zurückhalten konnte. Es herrschte Ausnahmezustand. Und dann, so Brüser weiter, im Dezember von Schierke aus sein erster Aufstieg zum Brocken, trotz Nebels ein unbeschreibliches Gefühl, dort oben zu sein. Wie oft er den Brocken zu Fuß erklommen hat, daran könne er sich nicht mehr erinnern.
Das Pfarrhaus war oft Anlaufstelle. Mitglieder der Sparte Kleintierhalter aus Schwanebeck, Kreis Halberstadt, hatten im Sommer 1989 im Rundfunk von der Existenz eines Ziegenzuchtvereins in Groß Biewende gehört und standen im Dezember 1989 vor dem Pfarrhaus und fragten nach dem örtlichen Ziegenzuchtverein. Ein Telefonat mit dem damaligen Vorsitzenden Udo Bode, und wenig später wurde gemeinsam in Brüsers Küche gegessen. Es folgten Vereinsfahrten nach Dardesheim, Wernigerode und zur Westerburg.
Aus Anlass der Vereinigung beider deutscher Staaten fand am 2. Oktober 1990 um 23 Uhr in der Kirche St. Katharina zu Groß Biewende ein gemeinsamer Gottesdienst für den Pfarrverband statt, mit anschließendem Glockengeläut um 0 Uhr. „An diesem Gottesdienst nahm auch der damalige Landrat Ernst-Henning Jahn teil“, erzählte Brüser abschließend.