Gut, dass bei Gabriele Gondeck die Alarmglocken anschlugen, als Küsterin Christel Hunger die beiden Fundstücke zu ihr brachte und darum bat, sie wieder aufzupeppen. Gefunden wurden die Paramente bereits im Februar beim Aufräumen. Zusammengelegt lagen sie in einem Schrank in der Sakristei. „Dort müssen sie jahrelang gelegen haben“, meinte Hunger. Vergilbt, modrig und dreckig seien sie gewesen. Einige Bordüren seien eingerissen und zuvor mit einer Klebepistole notdürftig geflickt worden. Gabriele Gondeck hätte die Stoffstücke reinigen und reparieren sollen. Doch dann bemerkte sie, dass es sich um hochwertige Paramente handeln müsste. Ihr Ehemann und zugleich Kirchenvorstandsmitglied Franz Gondeck hatte dann die Idee, die beiden Stoffe in Helmstedt in der Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung begutachten zu lassen. Gesagt, getan. Und siehe da: Die Idee war Gold wert! In dem Kloster St. Marienberg treffe schließlich modernste technische Ausstattung auf fachliche Expertise. Mit 150-jähriger Erfahrung verfügt die Stätte über eine große Kompetenz für Textil-Restaurierung. Wandbehänge, Altarwäsche, Taufkleider, Totenkleider, Stolen, Gewänder, Kaseln, Damen- und Herrentalare werden produziert. In einer Kammer bewahren sie textile Schätze für die Nachwelt auf und machen sie öffentlich zugänglich.
„Im Kloster stellte sich heraus, dass es sich um außergewöhnliche Stücke handelt. Das Gewebe ist von hoher Qualität und Wertigkeit“, erklärte Franz Gondeck, der sich bereits im vorigen Jahr um die Sanierung der Kirche kümmerte. Nur wenige Gemeinden seien noch in einem solchen Besitz von historischen Paramenten ähnlicher Qualität, hätte sich die Restauratorin Sabine Kißler vom Kloster beim Besuch der Veltheimer geäußert. Dann die Sensation: „Per Zufall entdeckte die Mitarbeiterin ein Schriftstück aus dem Jahre 1894 in den historischen Unterlagen über jene Bestellung“, erzählte er stolz und ergänzte gleich: „Anna Josephine Charlotte Wilhelmine von Veltheim geborene Gräfin von der Schulenburg-Beetzendorf (1827 – 1909) in Wolfsburg habe die Bestellung damals veranlasst. Dass das Kirchenparament auch noch so alt ist, damit hatte niemand gerechnet.“ Abgebildet ist das Christus-Monogramm mit den griechischen Buchstaben Alpha und Omega, die symbolisch für Anfang und Ende stehen.
Auch die nächste Herausforderung meisterten sie: 6.100 Euro sollte die Restaurierung kosten. Der Kirchenvorstand habe intensiv beraten müssen, doch schließlich nicht gezögert. Franz Gondeck habe seine Kontakte spielen lassen und aus dem Fonds für Kunst- und Denkmalpflege der Landeskirche einen Zuschuss von 3.000 Euro erlangen können. „Die Ränder wurden beschnitten, gesäubert und viele Gold-Nähte und Stellen ausgebessert“, fügte die Küsterin hinzu, die die beiden Stoffe nun zur Christvesper stolz am Altar und am Pult präsentieren kann. „Es ist ein passend toller Anlass zum Heiligen Fest“, verdeutlichte sie ihre Freude. Bei den Paramenten handele es sich um welche der weißen Farbe. Das stelle eine liturgisch wichtige Farbe dar, weshalb sie vor allem zu Weihnachten, Ostern und Trinitatis zu sehen sein werden. Franz Gondeck schwärmte: „Unsere Gemeinde kann sich glücklich schätzen, solch historische wertvolle Paramente zu besitzen.“